Ich bin ja immer noch dabei, mich von den Osterfeiertagen zu erholen. Bei Anwälten heißt das soviel, dass man versucht, die zwei zusätzlichen Arbeitstage, die man durch den Karfreitag und den Ostermontag "verloren" hat, wieder rauszuholen, weil die Mandanten natürlich erwarten, dass ihre Sachen weiterlaufen. Ich bin mir aber sicher, dass es an den Gerichten auch nicht anders läuft, nur eben mit der Abwandlung, dass noch ein guter Teil der Belegschaft in den Osterferien ist.
Manchmal wünsche ich mir wirklich die Semesterferien zurück...
Meine vier freien Tage fingen im Grunde schon Donnerstag Abend an, aber auch nur in gewissem Sinne. Was macht Frau Anwältin an einem Abend vor Karfreitag? Richtig - sie schleppt ihren Mann und ihre Eltern ins Theater, und zwar in ein Stück, in dem ausgerechnet eine Gerichtsverhandlung nachgespielt wird. Mein Mann fragte hinterher ganz entgeistert: "Sag mal, wusstest Du, worum's dabei geht?" Ja sicher.
Die Storyline in Kurzfassung: Ein Major der Luftwaffe ist angeklagt, ein von einem Terroristen entführtes Flugzeug mit 164 Menschen an Bord abgeschossen zu haben, nachdem der Terrorist gedroht hatte, es in die zu diesem Zeitpunkt mit 70.000 Menschen ziemlich ausverkaufte Allianz-Arena krachen zu lassen. Nicht ganz unaktuell, diese Problematik, oder?
Und wenn wir uns mal dran erinnern: Der Anschlag am Flughafen von Brüssel war uns da noch ganz stark im Gedächtnis, und der Gründonnerstag war ausgerechnet auch noch der Jahrestag des Germanwings-Absturzes.
Das Stück, übrigens geschrieben vom Kollegen Ferdinand von Schirach, bestand dann im Grunde aus der Hauptverhandlung mit nur wenigen Personen: Richter, Staatsanwältin, Angeklagtem, Verteidiger, einem Zeugen und einer Nebenklägerin. Alles also ziemlich einfach gehalten. Das Publikum hatte die Funktion der Schöffen. Nachdem der Angeklagte sein letztes Wort hatte ("Ich schließe mich den Ausführungen meines Verteidigers an" - ein echter Klassiker!), wurden die "Schöffen" zur "Beratung" geschickt, also in die Pause. Danach gab's dann die Urteilsverkündung. Je nachdem, durch welche Tür man den Theatersaal wieder betreten hatte, wurden die Stimmen als "schuldig" oder "unschuldig" gewertet. Ich hätte mir eigentlich lieber die Entscheidungsmöglichkeiten "Freispruch" oder "Verurteilung" gewünscht, aber das nur so nebenbei.
Im Gegensatz zu vielen Stimmen, die ich in der Pause gehört habe, habe ich meine Meinung im Laufe des Stückes nie geändert. Für mich stand von Anfang an fest, dass ich durch die "unschuldig"-Tür wieder hineingehen würde. Was ich da vorher gehört hatte, kam mir doch alles ziemlich bekannt vor - Strafrecht, erstes Semester. Damals, als ich noch 19 war und davon ausging, dass das alles eine rein theoretische Diskussion bleiben würde. Als ich mit 800 anderen Erstsemestern im Audimax der Bielefelder Uni saß und der Hauptgedanke war, ob das alles in der Klausur drankommen könnte (kam es übrigens nicht).
Soll heißen: Ich für mich merkte, dass ich die Sache allein von der juristischen Seite aus sah, während die meisten anderen um mich herum allein auf ihren gesunden Menschenverstand angewiesen waren. Ich hatte es da leichter. Schon ironisch, oder? Ich dachte immer nur: Was kann ich dem Angeklagten nachweisen? Alle anderen dachten: "Durfte er das?"
Ohne die potentielle rechtliche Lösung hier quasi als Spoiler verraten zu wollen - der gesunde Menschenverstand der Bielefelder ging an dem Abend ganz klar in Richtung Freispruch - mit 412 zu 176 Stimmen.
Und irgendwie hoffe ich immer noch, dass das alles eine rein theoretische Situation bleiben wird...
Donnerstag, 31. März 2016
Samstag, 19. März 2016
Sexismus im Hauptzollamt Bielefeld... ausgerechnet.
Gestern Morgen konnte man mich im Hauptzollamt in Bielefeld an der Eckendorfer Straße antreffen. Mein chic sparrow Traveler's Notebook, das ich in den USA bestellt hatte, war beim Zoll hängengeblieben, und weil ich keine Lust hatte, auch noch 28,50 Euro dafür zu berappen, dass die Post die Verzollung übernimmt, bin ich selbst gerade zur Eckendorfer Straße gefahren.
"Gerade" ist eigentlich untertrieben. Wer schon einmal da war, der weiß, dass man dort gefühlte Ewigkeiten im Flur sitzt und darauf wartet, dass man seine Schätze endlich in Empfang nehmen kann, nachdem der Zollbeamte irgendwann mal den passenden Zolltarif errechnet hat. Und während man wartet... und wartet... und wartet, starrt man wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf die Pinnwände mit lustigen Cartoons, die irgendjemand im Wartebereich aufgehangen hat.
Moment mal - lustige Cartoons? Ruthe - ja sicher. Aber gucken wir uns doch mal das schwarze Quadrat mit der weißen Schrift etwas genauer an:
Ich war wirklich entsetzt, als ich das Teil gesehen habe. Richtig entsetzt. Wer meint, sowas in seinem Hobbykeller aufhängen zu müssen, weil er mit seiner Frau nicht klarkommt, der kann das ja meinetwegen tun. Aber hier ist es einfach nur unangebracht.
Ich bin kein Fan von übermäßiger politischer Korrektheit. Aber es gibt Dinge, die nun echt nicht sein müssen. Das hier gehört dazu.
Man mag jetzt denken: "Ach, ist ja nur 'ne Kleinigkeit, was regt die sich hier so auf?!" Aber hier wird mitten in einer Behörde unter dem Deckmäntelchen des platten Humors diese fürchterliche Macho-Attitüde propagiert, dass Frauen hauptsächlich dazu da sind, im Bett etwas mit sich "anstellen" zu lassen. Und es wird mit Sicherheit Idioten geben, die das innerlich grinsend abnicken.
Ich habe dann auch ganz freundlich und sachlich gefragt, ob ich eigentlich die erste bin, die sich darüber beschwert, dass draußen so ein sexistischer Mist an der Pinnwand hängt. Anscheinend war ich's. Mein Sachbearbeiter fühlte sich auch gleich dazu verpflichtet, hinzuzufügen, dass er es aber jedenfalls nicht war, der das aufgehangen hätte... das sagt doch eigentlich schon alles, oder?
"Gerade" ist eigentlich untertrieben. Wer schon einmal da war, der weiß, dass man dort gefühlte Ewigkeiten im Flur sitzt und darauf wartet, dass man seine Schätze endlich in Empfang nehmen kann, nachdem der Zollbeamte irgendwann mal den passenden Zolltarif errechnet hat. Und während man wartet... und wartet... und wartet, starrt man wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf die Pinnwände mit lustigen Cartoons, die irgendjemand im Wartebereich aufgehangen hat.
Moment mal - lustige Cartoons? Ruthe - ja sicher. Aber gucken wir uns doch mal das schwarze Quadrat mit der weißen Schrift etwas genauer an:
Mal im Ernst - so ein sexistischer Mist hat in einer Bundesbehörde nichts zu suchen, und erst recht nicht im öffentlichen Wartebereich!
Ich war wirklich entsetzt, als ich das Teil gesehen habe. Richtig entsetzt. Wer meint, sowas in seinem Hobbykeller aufhängen zu müssen, weil er mit seiner Frau nicht klarkommt, der kann das ja meinetwegen tun. Aber hier ist es einfach nur unangebracht.
Ich bin kein Fan von übermäßiger politischer Korrektheit. Aber es gibt Dinge, die nun echt nicht sein müssen. Das hier gehört dazu.
Man mag jetzt denken: "Ach, ist ja nur 'ne Kleinigkeit, was regt die sich hier so auf?!" Aber hier wird mitten in einer Behörde unter dem Deckmäntelchen des platten Humors diese fürchterliche Macho-Attitüde propagiert, dass Frauen hauptsächlich dazu da sind, im Bett etwas mit sich "anstellen" zu lassen. Und es wird mit Sicherheit Idioten geben, die das innerlich grinsend abnicken.
Ich habe dann auch ganz freundlich und sachlich gefragt, ob ich eigentlich die erste bin, die sich darüber beschwert, dass draußen so ein sexistischer Mist an der Pinnwand hängt. Anscheinend war ich's. Mein Sachbearbeiter fühlte sich auch gleich dazu verpflichtet, hinzuzufügen, dass er es aber jedenfalls nicht war, der das aufgehangen hätte... das sagt doch eigentlich schon alles, oder?
Dienstag, 8. März 2016
Eine Frage der Selbstdefinition
Ganz ehrlich? Früher dachte ich, der Weltfrauentag wäre überflüssig. Warum etwas feiern, das selbstverständlich ist?
Heute sehe ich die Sache ein bisschen anders. Vielleicht hat sich in den letzten Jahren einfach nur meine Beobachtungsgabe geschärft; vielleicht bin ich auch einfach nur empfänglicher für die unterschwelligen Signale geworden. Vielleicht denke ich aber auch einfach nur mehr darüber nach.
In meiner beruflichen Praxis habe ich es naturgemäß mit ziemlich vielen Frauen zu tun. Sei es als Mandantinnen, als Gegenseite oder mit Kolleginnen. Die Bandbreite der verschiedenen Persönlichkeiten geht extrem auseinander - extremer geht es eigentlich gar nicht. Es gibt jedoch eine Sache, die mir immer wieder auffällt: Viele Frauen definieren sich immer noch über Männer. Entweder dadurch, dass sie sich bewusst oder unbewusst von ihrem Mann abhängig machen und ihn die eigenen Angelegenheiten regeln lassen, oder auch darüber, dass sie glauben, als Frau nur dann bestehen zu können, wenn sie bestimmte Dinge mindestens genauso gut oder am besten sogar noch besser als ein Mann hinbekommen.
Solange sich Frauen immer noch von solchen Gedanken leiten lassen, hat der Weltfrauentag seine Berechtigung. Wir haben doch die Kraft, die Dinge zu wuppen, die wir brauchen. Wir müssen sie nur finden und anwenden. Konsequent sein und uns etwas zutrauen. Das muss aber aus uns selbst heraus kommen und nicht über jemand anderen.
Würde ich in einer Welt ohne Männer leben wollen? Nein. Ganz. sicher. nicht. Aber: Ich möchte mich über mich selbst definieren, nicht über jemand anderen. Und ja, es gibt auch Momente, in denen ich mich selbst daran erinnern muss...
Heute sehe ich die Sache ein bisschen anders. Vielleicht hat sich in den letzten Jahren einfach nur meine Beobachtungsgabe geschärft; vielleicht bin ich auch einfach nur empfänglicher für die unterschwelligen Signale geworden. Vielleicht denke ich aber auch einfach nur mehr darüber nach.
In meiner beruflichen Praxis habe ich es naturgemäß mit ziemlich vielen Frauen zu tun. Sei es als Mandantinnen, als Gegenseite oder mit Kolleginnen. Die Bandbreite der verschiedenen Persönlichkeiten geht extrem auseinander - extremer geht es eigentlich gar nicht. Es gibt jedoch eine Sache, die mir immer wieder auffällt: Viele Frauen definieren sich immer noch über Männer. Entweder dadurch, dass sie sich bewusst oder unbewusst von ihrem Mann abhängig machen und ihn die eigenen Angelegenheiten regeln lassen, oder auch darüber, dass sie glauben, als Frau nur dann bestehen zu können, wenn sie bestimmte Dinge mindestens genauso gut oder am besten sogar noch besser als ein Mann hinbekommen.
Solange sich Frauen immer noch von solchen Gedanken leiten lassen, hat der Weltfrauentag seine Berechtigung. Wir haben doch die Kraft, die Dinge zu wuppen, die wir brauchen. Wir müssen sie nur finden und anwenden. Konsequent sein und uns etwas zutrauen. Das muss aber aus uns selbst heraus kommen und nicht über jemand anderen.
Würde ich in einer Welt ohne Männer leben wollen? Nein. Ganz. sicher. nicht. Aber: Ich möchte mich über mich selbst definieren, nicht über jemand anderen. Und ja, es gibt auch Momente, in denen ich mich selbst daran erinnern muss...
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