Wissen Sie, was das Gute daran ist, dass wir immer noch keine neue Regierung haben?
Die gesetzgeberische Pause.
In der letzten Zeit sind wir ja von Gesetzesänderungen nur so überschüttet worden, vor allem, als der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause noch einen ganzen Schwung auf einmal "durchgewunken" hat.
Im Moment herrscht dagegen richtige Ruhe - wir Anwälte können (und müssen!) uns gewissenhaft auf die Änderungen vorbereiten, von denen wir schon wissen, dass sie kommen werden, und brauchen zusätzlich "nur" die Rechtsprechung im Blick zu behalten.
Na denn...
Mittwoch, 30. Oktober 2013
Verschnaufpause
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Mittwoch, 23. Oktober 2013
Kleiner Nachtrag zum Abitreffen...
Nun hat auch das WB über unser Abitreffen berichtet. Wer mich auf dem Foto sucht, sollte ungefähr in der Mitte gucken...
Es stimmt übrigens, "Humor ist, wenn man's trotzdem macht" war damals unser Motto. Ich weiß zwar nicht mehr, wer diesen Geistesblitz hatte, aber auch heute denke ich noch manchmal, dass da etwas Wahres dran ist... und das Abi-T-Shirt von damals liegt auch noch bei mir im Schrank!
Es stimmt übrigens, "Humor ist, wenn man's trotzdem macht" war damals unser Motto. Ich weiß zwar nicht mehr, wer diesen Geistesblitz hatte, aber auch heute denke ich noch manchmal, dass da etwas Wahres dran ist... und das Abi-T-Shirt von damals liegt auch noch bei mir im Schrank!
Montag, 21. Oktober 2013
Schlechte Erfahrungen?
Sie kennen das doch, wenn Sie mal wieder nicht dazu gekommen sind, Ihr Auto zu waschen (oder waschen zu lassen) und jemand mit dem Zeigefinger mehr oder weniger nette Worte in den Staub/Dreck schreibt?
So ungefähr hatte es vor ein paar Wochen auch das Haller Amtsgericht erwischt, nur, dass hier keine Heckscheibe, sondern ein Fensterbrett ein paar Meter rechts vom Eingang als Schreibunterlage genommen wurde. Dumm gelaufen, dass ich gerade meine Kamera nicht dabei hatte, als ich gerade noch ein paar Schriftsätze in den Nachtbriefkasten geworfen habe... (Erwischt. Wenn ich sowieso am Gericht vorbeikomme, dann werfe ich auch schon mal Sachen persönlich ein. Und hier war ich auf dem Weg zur Bücherei.)
Schade nur, dass der Schreiber bei seiner Mitteilung so einfallslos war - "ACAB" sieht man in Halle und Umgebung ja nun wirklich überall, wenn man sich nur die Mühe macht, mal etwas genauer hinzugucken. Wenn man diese vier Buchstaben aber ausgerechnet am Gericht sieht, dann fragt man sich aber doch unweigerlich, ob da nicht jemand schlechte Erfahrungen gemacht hat... ;-)
Bei einem meiner Termine am AG in der letzten Woche habe ich festgestellt, dass die vier Buchstaben inzwischen verschwunden sind, nachdem sich jemand die Mühe gemacht hat, einfach einmal mit einem Lappen über das Fensterbrett zu gehen.
Ich nehme aber Wetten entgegen, wann die vier Buchstaben wohl wieder auftauchen.
So ungefähr hatte es vor ein paar Wochen auch das Haller Amtsgericht erwischt, nur, dass hier keine Heckscheibe, sondern ein Fensterbrett ein paar Meter rechts vom Eingang als Schreibunterlage genommen wurde. Dumm gelaufen, dass ich gerade meine Kamera nicht dabei hatte, als ich gerade noch ein paar Schriftsätze in den Nachtbriefkasten geworfen habe... (Erwischt. Wenn ich sowieso am Gericht vorbeikomme, dann werfe ich auch schon mal Sachen persönlich ein. Und hier war ich auf dem Weg zur Bücherei.)
Schade nur, dass der Schreiber bei seiner Mitteilung so einfallslos war - "ACAB" sieht man in Halle und Umgebung ja nun wirklich überall, wenn man sich nur die Mühe macht, mal etwas genauer hinzugucken. Wenn man diese vier Buchstaben aber ausgerechnet am Gericht sieht, dann fragt man sich aber doch unweigerlich, ob da nicht jemand schlechte Erfahrungen gemacht hat... ;-)
Bei einem meiner Termine am AG in der letzten Woche habe ich festgestellt, dass die vier Buchstaben inzwischen verschwunden sind, nachdem sich jemand die Mühe gemacht hat, einfach einmal mit einem Lappen über das Fensterbrett zu gehen.
Ich nehme aber Wetten entgegen, wann die vier Buchstaben wohl wieder auftauchen.
Dienstag, 15. Oktober 2013
Wer zu spät kommt...
Wissen Sie, was das Blöde an Gerichtsterminen am frühen Morgen ist? Man muss trotzdem pünktlich da sein, ansonsten kann es richtig Ärger geben. Mit ein bisschen Pech kassiert man ein Versäumnisurteil, das man hinterher wieder aus der Welt schaffen muss. Nämlich dann, wenn man entweder nicht anwesend ist oder nicht verhandeln kann (oder will). Eine Viertelstunde kann da schon reichen.
Heute morgen hat jemand Glück gehabt, nämlich meine Gegenseite. Der Mann hatte zugegebenerweise einen relativ weiten Anreiseweg von rund anderthalb Stunden, aber ich für meinen Teil fahre in solchen Fällen lieber eine halbe Stunde früher los als später. Man kann ja nie wissen...
Wie dem auch sei, der Mann kam zu spät. Nicht soviel, dass die ganze Tagesplanung des Gerichts hinfällig geworden wäre, aber trotzdem. Immerhin hatte er augenscheinlich noch Zeit gehabt, sich auf dem Weg irgendwo die Zeitung mit den vier großen Buchstaben zu besorgen, denn die klemmte lässig unter seinem Arm, als er in den Gerichtssaal spazierte, und lag dann später direkt vor ihm auf dem Tisch. Ich konnte mir das breite Grinsen gerade noch verkneifen.
Weshalb der Mann Glück hatte? Ganz einfach: Sein Anwalt war pünktlich...
Heute morgen hat jemand Glück gehabt, nämlich meine Gegenseite. Der Mann hatte zugegebenerweise einen relativ weiten Anreiseweg von rund anderthalb Stunden, aber ich für meinen Teil fahre in solchen Fällen lieber eine halbe Stunde früher los als später. Man kann ja nie wissen...
Wie dem auch sei, der Mann kam zu spät. Nicht soviel, dass die ganze Tagesplanung des Gerichts hinfällig geworden wäre, aber trotzdem. Immerhin hatte er augenscheinlich noch Zeit gehabt, sich auf dem Weg irgendwo die Zeitung mit den vier großen Buchstaben zu besorgen, denn die klemmte lässig unter seinem Arm, als er in den Gerichtssaal spazierte, und lag dann später direkt vor ihm auf dem Tisch. Ich konnte mir das breite Grinsen gerade noch verkneifen.
Weshalb der Mann Glück hatte? Ganz einfach: Sein Anwalt war pünktlich...
Montag, 14. Oktober 2013
Won't forget these days
Am Samstag war ich zum ersten Mal seit einer gefühlten halben Ewigkeit mal wieder in meiner Schule - der Abijahrgang 1993 feierte sein 20jähriges. War schon schön, alle mal wieder zu sehen! Und es waren viele da: Über 60 von ungefähr 80. Wenn das nicht für unsere Stufe spricht, dann weiß ich es auch nicht!
Wir trafen uns schon am Nachmittag in der Pausenhalle des KGH. Und waren erst einmal irritiert, dass der Eingang nicht mehr da ist, wo er zu unserer Zeit war. Dort ist nämlich nun eine Cafeteria...
Da einer von uns inzwischen "die Fronten gewechselt" hat und nun selbst Lehrer am KGH ist, bekamen wir auch eine Schulführung. Vieles war noch gleich, aber vieles hat sich auch verändert. Direkt aufgefallen waren mir die ganzen Schilder und Beschriftungen, die es zu unserer Zeit noch nicht gab: "Unterstufentrakt", "Oberstufentrakt", "E1", "N3"... Es ist nicht so, dass sich die Jugend von heute ohne diesen Schilderwald nicht mehr in der Schule zurechtfinden würde. Sie sind vielmehr dazu da, um Rettungskräften den Einsatz zu erleichtern, falls doch einmal jemand meinen sollte, im KGH Amok laufen zu müssen.
Ich glaube, das war damals unsere geringste Sorge: Dass jemand bis an die Zähne bewaffnet durch die Gänge laufen könnte, um so viele von uns wie möglich zu erwischen. Diese Vorstellung erscheint mir immer noch völlig absurd, ist aber ein Szenario, das man heute wohl mit einkalkulieren muss. Schlimm genug.
Wir konnten auch unsere alten Abi-Klausuren einsehen. Erstaunlich, dass ich meine Deutsch-LK-Klausur über eine Rede von Willy Brandt geschrieben habe - das war mir wirklich komplett entfallen. Von meiner Mathe-Klausur (irgendein "MINT"-Fach musste man ja bis zum bitteren Ende durchziehen) habe ich definitiv noch weniger verstanden als damals...Asche auf mein Haupt! Gott sei Dank muss ich heute nicht mehr mit Funktionen rechnen... Zinsrechnung und ein bisschen Bruchrechnen reichen völlig aus. Gut so!
Die eigentliche Party fand in der Alten Lederfabrik statt. Dabei stellte man dann fest, dass sich die meisten eigentlich nicht allzu sehr verändert haben. Gut, manchmal waren die Haare weniger (oder in meinem Fall zumindest kürzer - ich habe im Lauf der Jahre so an die 20 Zentimeter eingebüßt), dafür sind ein paar Kilo dazu gekommen (auch davon kann ich mich nicht ausnehmen), aber trotzdem haben wir uns alle eigentlich ziemlich gut gehalten...
Wie sich herausgestellt hat, sind wir inzwischen ziemlich weit verstreut. Wenn ich richtig gezählt habe, in vier Staaten und noch mehr Bundesländer. Erstaunlich, wie viele es ausgerechnet nach Bayern verschlagen hat! Das sind dann die, denen gelegentlich schon mal ein "Grüß Gott!" rausrutscht.
Ich gehöre ja nun zu denen, die hier geblieben sind. Statt von Halle nach München habe ich es "nur" von Werther nach Halle geschafft. Bin ich traurig deswegen? Nein. Ich fahre zwar gerne weg, sehr gerne sogar, aber ich komme auch immer gerne wieder. Ich habe gerne den Teuto im Blick. Ich bin hier geerdet. Ich mag den Menschenschlag hier. Ich arbeite auch gerne hier.
Gutes Stichwort. Es ist Montag - und Montag heißt übersetzt "viel Arbeit".
Eine schöne Woche noch!
Wir trafen uns schon am Nachmittag in der Pausenhalle des KGH. Und waren erst einmal irritiert, dass der Eingang nicht mehr da ist, wo er zu unserer Zeit war. Dort ist nämlich nun eine Cafeteria...
Da einer von uns inzwischen "die Fronten gewechselt" hat und nun selbst Lehrer am KGH ist, bekamen wir auch eine Schulführung. Vieles war noch gleich, aber vieles hat sich auch verändert. Direkt aufgefallen waren mir die ganzen Schilder und Beschriftungen, die es zu unserer Zeit noch nicht gab: "Unterstufentrakt", "Oberstufentrakt", "E1", "N3"... Es ist nicht so, dass sich die Jugend von heute ohne diesen Schilderwald nicht mehr in der Schule zurechtfinden würde. Sie sind vielmehr dazu da, um Rettungskräften den Einsatz zu erleichtern, falls doch einmal jemand meinen sollte, im KGH Amok laufen zu müssen.
Ich glaube, das war damals unsere geringste Sorge: Dass jemand bis an die Zähne bewaffnet durch die Gänge laufen könnte, um so viele von uns wie möglich zu erwischen. Diese Vorstellung erscheint mir immer noch völlig absurd, ist aber ein Szenario, das man heute wohl mit einkalkulieren muss. Schlimm genug.
Wir konnten auch unsere alten Abi-Klausuren einsehen. Erstaunlich, dass ich meine Deutsch-LK-Klausur über eine Rede von Willy Brandt geschrieben habe - das war mir wirklich komplett entfallen. Von meiner Mathe-Klausur (irgendein "MINT"-Fach musste man ja bis zum bitteren Ende durchziehen) habe ich definitiv noch weniger verstanden als damals...Asche auf mein Haupt! Gott sei Dank muss ich heute nicht mehr mit Funktionen rechnen... Zinsrechnung und ein bisschen Bruchrechnen reichen völlig aus. Gut so!
Die eigentliche Party fand in der Alten Lederfabrik statt. Dabei stellte man dann fest, dass sich die meisten eigentlich nicht allzu sehr verändert haben. Gut, manchmal waren die Haare weniger (oder in meinem Fall zumindest kürzer - ich habe im Lauf der Jahre so an die 20 Zentimeter eingebüßt), dafür sind ein paar Kilo dazu gekommen (auch davon kann ich mich nicht ausnehmen), aber trotzdem haben wir uns alle eigentlich ziemlich gut gehalten...
Wie sich herausgestellt hat, sind wir inzwischen ziemlich weit verstreut. Wenn ich richtig gezählt habe, in vier Staaten und noch mehr Bundesländer. Erstaunlich, wie viele es ausgerechnet nach Bayern verschlagen hat! Das sind dann die, denen gelegentlich schon mal ein "Grüß Gott!" rausrutscht.
Ich gehöre ja nun zu denen, die hier geblieben sind. Statt von Halle nach München habe ich es "nur" von Werther nach Halle geschafft. Bin ich traurig deswegen? Nein. Ich fahre zwar gerne weg, sehr gerne sogar, aber ich komme auch immer gerne wieder. Ich habe gerne den Teuto im Blick. Ich bin hier geerdet. Ich mag den Menschenschlag hier. Ich arbeite auch gerne hier.
Gutes Stichwort. Es ist Montag - und Montag heißt übersetzt "viel Arbeit".
Eine schöne Woche noch!
Mittwoch, 2. Oktober 2013
Herbstgedanken...
Im letzten Monat habe ich mich ja in meinen Jahresurlaub verabschiedet. Im Sommer bin ich losgefahren, und im Herbst wieder zurückgekommen - jedenfalls kam es mir so vor, als ob während meiner (natürlich viel zu kurzen) Abwesenheit mal einfach so mir nichts - dir nichts die Jahreszeiten gewechselt hätten.
Böse Stimmen, die mich dann mit einem breiten Grinsen fragen, ob "die Hexe mal wieder mit dem Besen ums Dorf fliegen" will, ignoriere ich übrigens geflissentlich.
Gut, ein Job wie meiner bringt solche Sprüche wohl automatisch mit sich.
Aber mal ganz ehrlich: Zur Fortbewegung bei derartigem Wetter ziehe ich dann doch meinen ganz normalen vierrädrigen Untersatz vor.
Dienstag, 1. Oktober 2013
Therapieren wir unsere Kinder kaputt?
Eigentlich hatte ich mir den letzten "Spiegel" ja nur gekauft, weil ich den 8-Seiten-Artikel über Marcel Reich-Ranicki lesen wollte. In jenen längst vergangenen Zeiten, als ich mich im Deutsch-LK am KGH durch die Tiefen der deutschen Literatur wühlte (Günter Grass mag ich bis heute nicht sonderlich, und auch mit Johannes Bobrowski hatte ich so meine Probleme, während ich mit Kleist, Goethe und Heine eigentlich ganz gut klar kam), war das "Literarische Quartett" Pflichtprogramm.
Zurück zum "Spiegel".
Im Innenteil fand ich einen Artikel mit dem Titel "Du Psycho!", den ich mindestens genauso interessant fand wie den über Reich-Ranicki. Eine Journalistin, die anonym bleiben möchte, schreibt über ihre Erfahrungen, als bei ihrer Tochter im ersten Schuljahr ADS diagnostiziert wurde. Wie sich später herausstellen sollte, handelte es sich dabei um eine Fehldiagnose.
Tatsache ist, dass ich in den letzten Jahren verstärkt mit Kindern zu tun habe, bei denen die Diagnose ADS bzw. ADHS lautet. Oder zumindest habe ich den Eindruck, dass ich bei jedem zweiten Sorgerechts- oder Umgangsstreit einem Elternteil gegenüber sitze und mir gesagt wird: "Ich habe ein Kind namens XYZ und er/sie hat ADHS."
(Das sind die Momente, in denen ich mich frage, ob den Eltern zu ihren Kindern spontan nichts anderes einfällt, z.B.: "Meine Tochter ist eine richtige Leseratte", oder "Mein Sohn spielt in der C-Mannschaft vom TuS Hastenichtgesehen Handball, und zwar richtig gut.")
Für mich heißt das dann, dass ich beim Gericht darauf hinweisen muss. Oft genug brauchen Familienrichter ein Gutachten, um entscheiden zu können, und auch der Gutachten muss wissen, welche Diagnose schon gestellt worden ist, um sein Gutachten auf einer entsprechenden Basis zu erstellen. Letztlich geht es ja immer um die Frage, was dem Kindeswohl dient (bzw. was dem Kindeswohl nicht widerspricht).
In besagtem Artikel ist mir eine Aussage aufgefallen, der uns zu denken geben sollte:
Vor ein paar Wochen habe ich ein Buch von Louise Jacobs gelesen (ja, sie stammt aus der Familie mit der "Krönung"), in dem sie beschreibt, wie sie als Kind von einem Therapeuten zum anderen geschickt wurde, nachdem bei ihr Dyslexie festgestellt worden war. Schon damals, in Kombination mit meinen eigenen Erfahrungen aus der Praxis, habe ich mich gefragt, ob wir unsere Kinder nicht "kaputt therapieren". Und nun stolperte ich über diesen Artikel.
Eine Frau, die jahrelang von ihrem Mann geschlagen worden war, hat einmal zu mir gesagt: "Frau Schwentker, wenn Ihnen jahrelang jemand sagt, dass Sie nur ein Stück Scheiße sind, dann glauben Sie's irgendwann selbst." Ich kann mir vorstellen, dass es hier ähnlich läuft: Mit jeder Sitzung beim Therapeuten, mit jeder Medikamentengabe, sogar mit jeder Nachhilfestunde wird dem Kind - wenn auch nur unbewusst - suggeriert, dass mit ihm "etwas nicht stimmt". Dass es nicht so ist, wie man es gerne hätte.
Sollen Kinder nun nicht mehr behandelt werden? Die klare Antwort darauf lautet: Doch, natürlich. Alles, was dem Kind hilft, soll möglich gemacht werden.
Vielleicht hilft es den Kiddies aber am meisten, wenn ihre eigenen Eltern sie nicht nur auf ihre "Defizite" reduzieren.
Nur so ein Gedanke.
Zurück zum "Spiegel".
Im Innenteil fand ich einen Artikel mit dem Titel "Du Psycho!", den ich mindestens genauso interessant fand wie den über Reich-Ranicki. Eine Journalistin, die anonym bleiben möchte, schreibt über ihre Erfahrungen, als bei ihrer Tochter im ersten Schuljahr ADS diagnostiziert wurde. Wie sich später herausstellen sollte, handelte es sich dabei um eine Fehldiagnose.
Tatsache ist, dass ich in den letzten Jahren verstärkt mit Kindern zu tun habe, bei denen die Diagnose ADS bzw. ADHS lautet. Oder zumindest habe ich den Eindruck, dass ich bei jedem zweiten Sorgerechts- oder Umgangsstreit einem Elternteil gegenüber sitze und mir gesagt wird: "Ich habe ein Kind namens XYZ und er/sie hat ADHS."
(Das sind die Momente, in denen ich mich frage, ob den Eltern zu ihren Kindern spontan nichts anderes einfällt, z.B.: "Meine Tochter ist eine richtige Leseratte", oder "Mein Sohn spielt in der C-Mannschaft vom TuS Hastenichtgesehen Handball, und zwar richtig gut.")
Für mich heißt das dann, dass ich beim Gericht darauf hinweisen muss. Oft genug brauchen Familienrichter ein Gutachten, um entscheiden zu können, und auch der Gutachten muss wissen, welche Diagnose schon gestellt worden ist, um sein Gutachten auf einer entsprechenden Basis zu erstellen. Letztlich geht es ja immer um die Frage, was dem Kindeswohl dient (bzw. was dem Kindeswohl nicht widerspricht).
In besagtem Artikel ist mir eine Aussage aufgefallen, der uns zu denken geben sollte:
"Wir haben zu spät verstanden, dass sich mit einer Diagnose wie ADS etwas Dramatisches verändert: der liebevolle Blick aufs eigene Kind. Eine pathologische Sicht gesellt sich dazu. Und leider wachsen Kinder den Erwartungen der Erwachsenen entgegen, auch den schlechten."
Vor ein paar Wochen habe ich ein Buch von Louise Jacobs gelesen (ja, sie stammt aus der Familie mit der "Krönung"), in dem sie beschreibt, wie sie als Kind von einem Therapeuten zum anderen geschickt wurde, nachdem bei ihr Dyslexie festgestellt worden war. Schon damals, in Kombination mit meinen eigenen Erfahrungen aus der Praxis, habe ich mich gefragt, ob wir unsere Kinder nicht "kaputt therapieren". Und nun stolperte ich über diesen Artikel.
Eine Frau, die jahrelang von ihrem Mann geschlagen worden war, hat einmal zu mir gesagt: "Frau Schwentker, wenn Ihnen jahrelang jemand sagt, dass Sie nur ein Stück Scheiße sind, dann glauben Sie's irgendwann selbst." Ich kann mir vorstellen, dass es hier ähnlich läuft: Mit jeder Sitzung beim Therapeuten, mit jeder Medikamentengabe, sogar mit jeder Nachhilfestunde wird dem Kind - wenn auch nur unbewusst - suggeriert, dass mit ihm "etwas nicht stimmt". Dass es nicht so ist, wie man es gerne hätte.
Sollen Kinder nun nicht mehr behandelt werden? Die klare Antwort darauf lautet: Doch, natürlich. Alles, was dem Kind hilft, soll möglich gemacht werden.
Vielleicht hilft es den Kiddies aber am meisten, wenn ihre eigenen Eltern sie nicht nur auf ihre "Defizite" reduzieren.
Nur so ein Gedanke.
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