Sonntag, 16. August 2015

Eine wunderschöne Urteilsbegründung

Es kommt ja nicht allzu oft vor, dass deutsche Fachzeitschriften ausländische Urteile abdrucken, und dann auch noch im Orgininaltext.



Wenn das passiert, dann können Sie ahnen, dass es sich um eine besondere Entscheidung handelt. Diesen Monat war es mal wieder soweit. Wir Familienrechtler konnten nachlesen, weshalb der US-Supreme Court die gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt hat, und zwar für alle Staaten der USA:

"No union is more profound than marriage, for it embodies the highest ideals of love, fidelity, devotion, sacrifice, and family. In forming a marital union, two people become something greater than once they were. As some of the petitioners in these cases demonstrate, marriage embodies a love that may endure even past death. It would misunderstand these men and women to say they disrespect the idea of marriage. Their plea is that they do respect it, respect it so deeply that they seek to find its fulfillment for themselves. Their hope is not to be condemned to live in loneliness, excluded from one of civilization's oldest institutions. They ask for equal dignity in the eyes of the law. The Constitution grants them that right." 

Für alle, die gerne eine Übersetzung hätten:

"Keine Verbindung ist tiefergehender als die Ehe, denn sie verkörpert die höchsten Ideale von Liebe, Treue, Hingabe, Aufopferung und Familie. Wenn sie eine eheliche Verbindung eingehen, dann werden zwei Menschen zu etwas Größerem als sie es vorher waren. Wie manche der Kläger in diesen Verfahren zeigen, verkörpert die Ehe eine Liebe, die sogar den Tod überdauern kann. Man würde diese Menschen falsch verstehen, wenn man behauptete, dass sie die Idee der Ehe nicht respektierten. Ihr Anliegen ist, dass sie sie sehr wohl respektieren, dass sie danach streben, diese Erfüllung für sich zu finden. Ihre Hoffnung ist, nicht zu einem Leben in Einsamkeit verdammt zu sein, ausgeschlossen von einer der ältesten Institutionen unserer Zivilisation. Sie fordern die gleiche Würde in den Augen des Gesetzes. Die Verfassung gibt ihnen dieses Recht." 

(Die Übersetzung stammt von mir, also bitte ich, kleine sprachliche Holprigkeiten zu entschuldigen oder einfach zu ignorieren.)

Hat was für sich, oder? 

An dem Tag, als diese Entscheidung herauskam, haben die meisten meiner amerikanischen Freunde gleich ihr Profilbild auf Facebook in Regenbogenfarben eingefärbt, darunter übrigens auch zwei Pastorinnen...

Mich hat's auch aus ganzem Herzen gefreut, obwohl ich ja seit knapp 20 Jahren freiwillig glücklich unverheiratet bin. Ich bin ganz einfach der Meinung, dass die Rechte eines Menschen nicht von seiner sexuellen Orientierung abhängen dürfen. Die Zeiten, in denen das so war, sollten wir gesellschaftlich hinter uns gelassen haben.

Wenn ich dann noch höre, dass sich manch Politiker trotzdem noch dagegen ausspricht, weil a) die gleichgeschlechtliche Ehe nicht im Koalitionsvertrag stünde (was soll das bitte für ein Argument sein, wenn es um Diskriminierung geht?!) und b) sie nicht dem christlichen Weltbild entspräche (ist das eigentlich wirklich so?), dann darf ich hier mal eine Sache anmerken:

In Deutschland haben wir die obligatorische Zivilehe, das heißt, dass eine Ehe vor einem Standesbeamten geschlossen werden muss, damit sie rechtliche Wirkungen entfalten kann. Darauf, ob zusätzlich noch eine religiöse Zeremonie stattfindet, kommt es nicht an. Die Ehe ist also als Institut staatlich geregelt. Deshalb muss auch der Staat dafür sorgen, dass es in diesem Bereich gleiche Rechte gibt. 

Es wird Zeit, dass wir da hinkommen. 

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