Es gibt ja diverse juristische Irrtümer, die einfach nicht totzukriegen sind. Einer davon ist der Mythos vom gemeinsamen Scheidungsanwalt. Haben Sie das nicht auch schon einmal gehört: "Wir haben uns einen Anwalt geteilt"?
Zwar wären wir Anwälte manchmal froh, wenn wir uns zweiteilen könnten, aber tatsächlich ist es so, dass wir immer nur einen der Ehegatten im Scheidungsverfahren beraten und vertreten können - ansonsten würden wir Parteiverrat begehen, und der ist (aus guten Gründen) strafbar. Selbst wenn wir wollten - wir dürften also gar nicht!
Wie kommt es also, dass sich der Mythos vom gemeinsamen Anwalt so lange hält?
Im Scheidungsverfahren herrscht grundsätzlich für jeden Ehegatten Anwaltszwang; ansonsten kann er keine eigenen Anträge stellen und sich auch nicht gegen gegnerische Anträge zur Wehr setzen. Sie sehen die Lücke, die sich hier auftut: Wer dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten zustimmt und auch die Übertragung der Rentenanwartschaften beim Versorgungsausgleich einfach nur abnicken will, der kommt man zur Not auch ohne Anwalt aus. Wird während des Scheidungsverfahrens aber dann doch etwas strittig, dann ist derjenige ohne eigenen Anwalt aufgeschmissen.
Es gibt Menschen, die dieses Risiko eingehen. Meist sind das diejenigen, die noch einen halbwegs guten Draht zum zukünftigen Ex haben, nach dem Motto: "Ich will nichts von Dir, und Du willst nichts von mir", und dann vereinbaren, dass man sich nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die ja nur einem Ehegatten entstandenen Rechtsanwaltskosten teilt, indem man sich die Hälfte der gezahlten Anwaltskosten vom anderen zurückerstatten lässt.
Faktisch zahlt dann derjenige, der weder anwaltlich beraten noch vertreten ist, freiwillig einen Teil der Kosten des gegnerischen Anwalts. Dass ein solches Arrangement gut überlegt sein sollte, muss ich hier wohl nicht weiter erklären.
Fazit: Man kann sich zwar die Kosten teilen, aber eben nicht den Anwalt.
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