Dienstag, 27. Mai 2014

Bloß keine Frist verpassen: Der anwaltliche Fristenkalender (auf die altmodische Art)

Dass ich ein bisschen "old school" bin, können Sie schon allein daran sehen, dass ich meinen Fristenkalender immer noch in Papierform führe. Darin trage ich alle Fristen ein, die ich gefälligst einzuhalten habe, und das muss ich auch, denn kein Anwalt kann alles im Kopf behalten. Hier landet alles, von der Frist zur Einlegung einer Berufung oder Beschwerde über die Stellungnahme zu einem Gutachten bis zur Beantwortung eines Schreibens eines Kollegen bis zur Abgabe meiner Steuererklärung. 

Und natürlich: Der Kalender ist kariert. Wie könnte es auch sonst sein? Das einzige, was ich an ihm zu mäkeln habe, ist die Tatsache, dass er mir aus dem letzten Amerika-Urlaub gefolgt ist und ich mir die deshalb die deutschen Feiertage erst noch eintragen musste. 

Ich weiß, dass viele meiner Kollegen ihre Fristenkalender elektronisch führen. Natürlich, ich habe auch darüber nachgedacht - wir leben ja schließlich im 21. Jahrhundert und damit in einer Zeit, in der man beinahe schon genötigt wird, alles elektronisch zu erledigen, was elektronisch erledigt werden kann. Ich habe mich aber bewusst dagegen entschieden. Da nehme ich mir einfach die Freiheit, ein bisschen gegen den Strom zu schwimmen, und wie immer habe ich meine Gründe dafür: 

Erstens: Ich kann mir Dinge besser merken, wenn ich sie einmal aufgeschrieben habe. Das war schon immer so, und das wird sich auch nicht ändern. Beim Tippen ist das übrigens anders. 

Zweitens: Man weiß nie, wann der Strom ausfällt oder der Rechner streikt. Oder das eine das andere bedingt. 

Drittens: Wenn ich morgens ins Büro komme und meinen Rechner hochfahre, dann kann ich schon während dieser recht kurzen Zeit einen Blick in meinen Kalender werfen, weil er immer griffbereit liegt. Er steht auch immer an derselben Stelle, so dass ich nicht darüber nachdenken muss, auch wenn ich noch nicht meinen normalen Koffeinspiegel erreicht habe. 

Viertens: Die Rechtsprechung des BGH stellt an das Führen eines elektronischen Fristenkalenders derart hohe Ansprüche, dass man im Grunde noch eine Papierversion "nebenbei" führen sollte. Es reicht zum Beispiel nicht aus, wenn man einen Fristeintrag einfach löscht, nachdem man die entsprechende Sache erledigt hat. Und man könnte ja aus Versehen Fristen verschieben, die nicht verschoben werden dürfen, was tatsächlich in der Praxis üble Konsequenzen haben könnte, die man natürlich unter allen Umständen vermeiden will. 

Warum sollte ich mir also die doppelte Arbeit machen, wenn die einfache Arbeit ausreicht? Die Zeit, die ich auf diese Weise spare, kann ich dann in die Arbeit am eigentlichen Mandat stecken. 

Fünftens: Ich liebe es, Dinge, die ich erledigt habe, schwungvoll und mit einer gewissen Befriedigung abzuhaken und durchzustreichen. Dieses Vergnügen will ich mir schlicht nicht nehmen lassen. Am Ende eines Tages soll man doch schließlich wissen, was man geschafft hat, oder? 

Dienstag, 20. Mai 2014

Ein Frühsommertag

Wissen Sie, was das wirklich Gute an diesem Gebäude hier ist? Außer dem historischen Hintergrund, meine ich jetzt.

Die dicken Grundmauern! Sie sorgen mit Leichtigkeit dafür, dass es hier in meinem Büro angenehm kühl ist, selbst wenn man draußen das Gefühl bekommt, dass einem die Sonne das Gehirn röstet. Alte Häuser haben eben manchmal auch ihre Vorteile.

Wie alt dieses Haus genau ist, kann ich Ihnen übrigens gar nicht sagen. Da habe ich tatsächlich noch Forschungsbedarf. Es wird jedenfalls so um 1900 herum als Bergwerksgebäude errichtet worden sein, und damals hat sich mich Sicherheit noch niemand darüber Gedanken gemacht, dass sich mehr als ein Jahrhundert später in der ehemaligen Waschkaue mal eine Anwältin darüber freuen würde, dass ihr die dicken Grundmauern an einem Frühsommertag das Denken erleichtern... 


Freitag, 16. Mai 2014

Blick in die Zukunft?

Da bekomme ich Post vom Familiengericht:

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, 
in der Familiensache X ./. Y  
wird Ihnen eine Ausfertigung des Beschlusses vom 12.05.14 übersandt.
Mit freundlichen Grüßen

Das Drollige ist nur, dass dieses Schreiben schon vom 09.05.14 stammt. Erinnern Sie mich daran, dass ich nächsten Mittwoch mal auf der Geschäftsstelle anrufe, um mir die Lottozahlen für Samstag durchgeben zu lassen. Wenn man dort schon weiß, welche Beschlüsse drei Tage später erlassen werden, dann kann man ja auch vielleicht anderweitig in die Zukunft blicken...?

Das Schlimme ist, dass solche kleinen Missgeschicke nicht nur am Familiengericht passieren, sondern in etwas heftigerer Form auch am BGH. Hier war ja klar, dass jemand einfach schon vorgearbeitet hatte, weil er wusste, dass der Richter die Sache am 12.05.14 auf dem Tisch haben würde. Wenn Sie sich aber mal die Rechtsprechung eines bestimmten Senats des BGH angucken, dann werden Sie feststellen, dass in den Urteilsbegründungen teilweise auf Urteile Bezug genommen wird, die noch gar nicht verkündet sind... kann ja mal passieren. Sollte aber nicht.
 
 
 

Dienstag, 13. Mai 2014

Können Sie sich nicht mal in Bersenbrück blitzen oder scheiden lassen?



Ich hatte heute zum ersten Mal überhaupt einen Termin am dortigen Amtsgericht - und ich muss sagen, es gehört zu den schönsten Amtsgerichten, die ich bis jetzt gesehen habe (und gesehen habe ich in den letzten elf Jahren ja nun schon einige). Ich hätte durchaus Lust, noch öfter dorthin zu fahren...

Man kann es schon ahnen, es handelt sich um ein älteres Gebäude. Man kann auch ahnen, dass jemand, dessen Kanzlei sich in einem Gebäude befindet, das über 100 Jahre auf dem Buckel hat und mal als Bergwerk diente, ein Faible für alte Gemäuer hat, die einer neuen Nutzung unterzogen wurden. Genauso war es auch beim AG Bersenbrück: Es ist seit 1852 in einem Teil des früheren Zisterzienserinnenklosters untergebracht, das 1787 aufgelöst worden war (fragen Sie mich aber bitte nicht nach den 65 Jahren dazwischen). Ich hatte dieses Mal keine Kamera dabei, also habe ich mir die Freiheit genommen, mich hinsichtlich der Fotos bei Wikipedia zu bedienen.

Man hat es nun wirklich nicht oft, dass man in einem Gerichtssaal verhandelt, der von einem mittelalterlichen Kreuzgang abgeht. Da kann man sich ungefähr vorstellen, mit wievielen bußfertigen Gedanken die Menschen in den letzten paar Jahrhunderten durch diesen Kreuzgang geschlichen sind. Schade nur, dass der Mandant in einem solchen Fall das wirklich schöne Ambiente weitaus weniger genießen kann als der Anwalt... 

Freitag, 9. Mai 2014

Die Kaution des Mieters ist unantastbar

... jedenfalls solange, bis das Mietverhältnis beendet ist. Das hat der BGH am 07.05.14 nun entschieden.

Generell dient die Kaution dazu, den Vermieter vor Schäden zu schützen, wenn sein Eigentum durch den Mieter beschädigt wurde oder es zu Mietausfällen kommt. Das setzt aber dem Gesetz nach voraus, dass das Mietverhältnis nicht mehr besteht. Warum nun also diese Entscheidung des BGH?

Hier war es so, dass eine Mieterin wegen eines Mangels der Mietsache die Mietzahlung gekürzt hatte. Der Vermieter wollte diese Kürzung nicht hinnehmen und bediente sich an der Kaution. Im Mietvertrag fand sich eine Klausel, nach der er auch während des Mietverhältnisses die Kaution verwerten durfte.

Die gesetzlichen Regelungen zum Mietrecht gelten dann, wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Eine Ausnahme von dieser Vertragsfreiheit gilt dann, wenn die Klausel nichtig wäre. Manchmal steht schon direkt im Gesetz, wann das der Fall wäre, manchmal muss man etwas kreativer nach einer Begründung suchen. 

Der BGH hat hier wieder einmal seine Mieterfreundlichkeit unter Beweis gestellt und geurteilt, dass eine Mietvertragsklausel, die es dem Vermieter erlaubt, schon während des noch laufenden Mietverhältnisses auf die Kaution zuzugreifen, nichtig ist. In diesem Fall hat das die Konsequenz, dass der Vermieter der Mieterin die entnommene Kaution wieder zurückzahlen muss.

Wenn das Mietverhältnis in einer solchen Fallkonstellation beendet ist, kann man sich also vorstellen, dass das Spiel dann wieder von vorne losgeht - zumindest dann, wenn sich in der Zwischenzeit nicht geklärt hat, ob die Mietminderung gerechtfertigt war. Ein schönes Beispiel dafür, dass man auch Schritt 2 bedenken sollte, bevor man Schritt 1 in Angriff nimmt.