Sonntag, 24. August 2014

Knallzeugin

Ich weiß nicht, ob Sie am Donnerstag hier in der Nähe waren - falls ja, dann haben Sie wahrscheinlich den Stau bemerkt, der sich rund um die Kreuzung Theenhausener/Nordstraße gebildet hatte, nachdem es dort einen heftigen Unfall gegeben hatte.

Ich saß um 12.40 Uhr an meinem Schreibtisch und brütete über einem Schriftsatzentwurf, neben mir ein noch heißer Kaffee, das Fenster auf kipp, weil es draußen wider Erwarten doch noch ein bisschen wärmer geworden war... und dann hörte ich plötzlich diesen fürchterlichen Knall.

Auto gegen Auto. Ein fürchterliches Geräusch, das man sofort erkennt. Und das im Moment wirklich unangenehme Erinnerungen bei mir weckt.

Ich sah nur meine Männer hier loslaufen und griff zum Telefon. Ich wusste, dass ich kein Netz mehr haben würde, wenn ich bis zur Unfallstelle gelaufen wäre. Entgegen allen Regeln der Unfallmeldung konnte ich der Leitstelle also leider nicht genau sagen, was passiert war, aber der Knall war so heftig gewesen, dass klar war, dass die Sache nicht ohne Personenschaden abgegangen sein konnte. So war es dann auch: Zwei Schwerverletzte.  

Ich hoffe von ganzen Herzen, dass es Euch beiden inzwischen besser geht! 

Den ganzen Tag habe ich das Geräusch der Sirenen nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Drei Krankenwagen, Feuerwehr, Polizei... alles direkt neben unserem Grundstück. Ein Feuerwehrmann, der nach der Rettungsschere ruft. Rettungssanitäter, die der Polizei nahelegen, dass "hier eigentlich keiner mehr durchfahren sollte!"

Tatsächlich: Während der ganzen Zeit war die Unfallstelle nicht komplett abgesperrt. Wir haben noch ein Warndreieck aufgestellt, damit die Leute auf der Nordstraße vor der Kurve wenigstens gewarnt wurden, dass ein paar Meter weiter etwas passiert war und sie eventuell eher anhalten mussten als gedacht. Mit einem Folgeunfall wäre ja keinem geholfen gewesen.

So wurde ich also im wahrsten Sinne des Wortes zur Knallzeugin. Sie werden lachen: Den Begriff gibt wirklich.

Ein Knallzeuge ist derjenige, der tatsächlich nur den Knall gehört hat. Es kommt erstaunlich oft vor, dass jemand behauptet:. "Ich habe alles gaaanz genau gesehen!", und sich dann später, oft auch während der mündlichen Verhandlung, herausstellt, dass er tatsächlich erst dann hingeguckt hat, nachdem er das Geräusch gehört hat - und keine Sekunde vorher.

Übrigens heißt das nicht, dass sich Knallzeugen einfach nur stumpf in den Vordergrund spielen wollen. So simpel ist es nicht: Oft genug werden sie tatsächlich Opfer ihrer eigenen Hirntätigkeit. Das Geräusch wird vernommen, man guckt hin, und aufgrund der Informationen, die das Hirn dann in diesem Moment aufnimmt und direkt verarbeitet, zimmert es sich eine Theorie zusammen, wie die Sache denn abgelaufen sein muss.

Blöd nur, wenn die Theorie dann nicht mit der Praxis übereinstimmt. Aber in die Bredouille bin ich ja nun nicht geraten. Auch wenn ich zugeben muss, dass wir davon ausgegangen waren, dass sich der Unfall anders abgespielt hatte, als es am nächsten Tag in der Zeitung stand.

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