
Ja, ausgerechnet Paris. Jetzt erst recht Paris.
Und
dann ist Paris auch im Fernsehen. Unzählige Menschen (bestimmt eine Million), die auf die
Straße gehen und gegen das Gefühl der Ohnmacht demonstrieren, das die
Anschläge der letzten Tag hinterlassen haben. Je suis Charlie. Überall.
Riesige Plastikbleistifte, die in die Luft gehalten werden. Und mir gefällt es, dass Stifte zum Symbol des freiheitlichen Denkens werden.
Ich
glaube nicht, dass diese Demo auch nur einen Terroristen davon abhalten
wird, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Andererseits aber halte ich
es für wichtig, aufzustehen und zu sagen: "So geht es nicht. Nicht mit
uns. Wir wollen nicht in einer Gesellschaft leben, in der man wegen dem,
was man denkt oder was man ist, massakriert wird."
Und ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen, dass ich mit meinem Hintern hier im kuschelig Warmen auf meiner Denkercouch sitze, anstatt mit aufzustehen und irgendwo zu demonstrieren.
Was mich, während ich die Übertragung gucke, noch umtreibt, sind zwei Dinge:
Erstens:
Es sind nicht nur die Menschen in der Redaktion von Charlie Hebdo
umgekommen, sondern auch Leute, die einfach nur ein paar Lebensmittel
kaufen wollten. Etwas, das jeder von uns ständig tut. Die Mitarbeiter
von Charlie Hebdo mussten damit rechnen, dass auf sie früher oder später
noch ein Anschlag verübt werden würde - die Redaktion stand ja nicht
aus Scherz unter Polizeibewachung. Die Menschen im Supermarkt nicht. Es
geht also nicht nur um Meinungsfreiheit. Es geht darum, so sein zu
dürfen, wie man ist. Nicht mehr und nicht weniger. Die Meinungsfreiheit
ist nur ein Teil davon. Wenn auch ein nicht unbedeutender.
Der Unterschied zu "früher" ist nur, dass man sich nicht mehr gegen eine Staatsmacht auflehnt, sondern gegen seine Mitmenschen. Aber das macht es auch nicht einfacher.
Zweitens:
Die Diskussion ist inzwischen dort angekommen, wie man denn solche
Anschläge verhindern kann. Und da wird es richtig interessant. Wenn man sich so
die Biografien der Täten anguckt, dann fällt doch auf, dass sie
irgendwann angeblich "radikalisiert" wurden. Wenn ich wikipedia befrage, was denn
eigentlich "radikal" bedeutet, dann bekomme ich diese Antwort:
"Das Adjektiv „radikal“ ist vom lateinischen radix (Wurzel) abgeleitet und beschreibt das Bestreben, gesellschaftliche und politische Probleme „an der Wurzel“ anzugreifen und von dort aus möglichst umfassend, vollständig und nachhaltig zu lösen."
"Radikal" muss also nicht grundsätzlich schlecht sein, im Gegenteil. Und mit Religion hat Radikalität begrifflich auch erstmal nichts zu tun.
Die Frage muss also lauten, wie man es verhindern kann, dass Menschen einen solchen Hass auf die Gesellschaft entwickeln, dass sie jegliche Empathie verlieren.
Die Antwort dürfte nicht in der Verschärfung irgendwelcher Sicherheitsgesetze liegen. Wohl eher darin, dass man dieses verflixte Schubladendenken mal hinter sich lässt - und das gilt für alle, für die "Mehrheit" genauso wie für die "Minderheit". Da ist dann aber nicht nur die Politik gefragt. Wer das Gefühl hat, nicht dazuzugehören, der ist anfälliger für Hassprediger jeglicher Couleur.
Und Hass hat noch nie ein Problem gelöst.
Und wenn der Spruch über der Tür nicht einladend ist, dann weiß ich's auch nicht...
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