Dienstag, 30. Juni 2015

Die Post streikt immer noch - oder: Langsam komme ich der Schmerzgrenze näher

Ganz ehrlich - ich hätte nicht gedacht, dass der Streik bei der Post so lange dauert, und wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist noch immer kein Ende abzusehen.

Das wirklich Blöde ist eben, dass ich zwar weiß, was hier bei mir ankommt (und oft genug auch, was eigentlich ankommen müsste), aber eben nicht, welche meiner Schreiben wann beim jeweiligen Empfänger landen, wenn ich sie nicht selbst verteile oder ich sie zumindest vorab faxen kann.

Gestern Nachmittag wollte ich einen Schriftsatz an ein Amtsgericht faxen, zu dem ich nicht einfach mal kurz hinfahren kann, um meine Fristsachen loszuwerden. Dumm nur, dass augenscheinlich viele andere Kollegen dieselbe Idee hatten. Wir Anwälte faxen und im Moment dumm und dämlich.

Mein Fax ist so programmiert, dass es bei "Besetzt" im Abstand von fünf Minuten noch vier Mal automatisch das Empfängerfax anwählt. Pustekuchen. Ich habe das Fax nicht durchbekommen. Auf dem Sendebeleg fand ich nur den dolligen Vermerk



Occupied. Besetzt. Andauernd. 

Abends um kurz nach 11 habe ich es dann noch einmal probiert. Und siehe da: Es ging durch! Wenn auch nicht beim ersten Mal, sondern beim zweiten. Aber immerhin.

Man muss eben nur warten, bis die Kollegen schlafen... 



Donnerstag, 25. Juni 2015

Fortbildung: Mit dem Arbeitskreis Rückenwind in Hamburg - Teil 1

Der Haller Arbeitskreis Rückenwind besteht nun schon seit 25 Jahren. Deshalb hatten wir vor ein paar Monaten beschlossen, zur Abwechslung mal nicht eine Fortbildung für andere zu organisieren, sondern für uns selbst - den Blick über den eigenen Tellerrand, sozusagen. Hamburg ist ziemlich gut aufgestellt und vernetzt, was Beratungsstellen angeht, die sich mit den vielen verschiedenen Bereichen des Themas "sexuelle Gewalt gegen Kinder" befassen. Drei davon wollten wir besuchen. 

Tag 1 - Montag


Mit elf Frauen machten wir uns also auf den Weg in die Freie und Hansestadt Hamburg - per Bahn. Und tatsächlich: Wir hatten keine nennenswerte Verspätung. Nur am Hamburger Hauptbahnhof musste die gesamte Besatzung in einen komplett anderen Zug umsteigen, denn unser ICE hatte wohl irgendwelche technischen Probleme (über deren Schwere und mögliche Konsequenzen ich mir ehrlich gesagt nicht wirklich den Kopf zerbrechen wollte. Vielleicht betraf es ja auch einfach nur die Klimaanlage.). Die letzten paar Minuten zum Bahnhof Dammtor verbrachten wir also im Stehen - es hätte sich nicht wirklich gelohnt, extra nochmal unsere reservierten Plätze zu suchen. 

Vom Dammtor ging's dann zu Fuß zum Hotel in die Neustadt, um genauer zu sein: Zum Dragonerstall. Ich weiß gar nicht mehr, welche von uns auf die Idee gekommen war, aber wir hatten uns im Frauenhotel mit dem bezeichnenden Namen "Hanseatin" eingebucht. Egal, ob man die Idee eines Hotels nur für Frauen nun gut findet oder nicht, das Hotel liegt schon schnuckelig in einem um 1820 erbauten unter Denkmalschutz stehenden Häuserensemble. Und wer mich kennt, der weiß ja, dass ich ein Faible für alte Häuser habe! 



Auch die Lage als solche war super, kann man nicht anders sagen, wenn der Dragonerstall auch längst nicht auf jedem Stadtplan auftaucht, weil er doch ziemlich kurz ist. 










Direkt gegenüber steht die Laeiszhalle (wie bitte spricht man das eigentlich aus?) mit dem Brahms-Würfel davor. Kein Wunder, der Johannes-Brahms-Platz liegt direkt daneben. Schade, dass wir uns kein Konzert anhören konnten. 









Um die Ecke geht es in den Bäckerbreitergang, einen der letzten Überreste des Neustädter Gängeviertels. Ein kleines Fachwerkhaus am anderen, heute richtig pittoresk. Früher ging es hier nicht ganz so beschaulich zu, die Gegand wurde von den wohlhabenderen Pfeffersäcken auch gerne "Verbrecherquartier" genannt...







Am frühen Nachmittag folgte dann schon der erste Beratungsstellen-Besuch, und zwar bei "Wendepunkt e.V." in der Altonaer Schillerstraße. Bitte nicht mit dem Gütersloher Wendepunkt verwechseln! Hier befindet sich eine Beratungsstelle für sexuell auffällige Minderjährige und junge Erwachsene, während sich der Gütersloher Wendepunkt der anderen Seite, also den von sexualisierter Gewalt betroffenen Kindern und Jugendlichen, widmet. 

Hier ging es also, für viele von uns eher ungewohnt, um die Arbeit mit denjenigen, die die Übergriffe verüben. Laut Wendepunkt sind rund 25 % der Tatverdächtigen in diesem Deliktbereich unter 21. Ein Schwerpunkt dabei ist die Ambulante Rückfall-Prophylaxe (ARP). Die Arbeit mit Tätern dient ja eben nicht nur dem Täter selbst, sondern schützt auch weitere potentielle Opfer, und schon allein dadurch sollte eigentlich die Frage, ob es auch wirtschaftlich lohnenswert ist, von öffentlicher Hand Täterarbeit zu finanzieren, beantwortet sein. 

Ganz ehrlich, also wir dort wieder herauskamen, rauchte mein Kopf mindestens so stark wie die Zigarette in meiner Hand. In meinem Hirn fuhren meine Gedanken Achterbahn. Wollen Sie ein Beispiel? Gerne, bitte schön: 

Wenn die Tat im strafrechtlichen Verfahren geleugnet und abgestritten wird, was das Zeug hält, dann dient das hauptsächlich dazu, nicht verurteilt zu werden. Kein Straftäter geht gerne in den Knast. Das entspricht der juristischen Betrachtungsweise: Wenn eine Tat nicht bewiesen werden kann, dann kann der Täter auch nicht verurteilt werden. Wenn Sie so wollen: Es gibt einen Freispruch aus Mangel an Beweisen. 

Nun kam für mich zu der juristischen noch eine sehr vielschichtige psychologische Sichtweise dazu: Welche Ursachen kann das Leugnen in der Psyche haben, und vor allem auch - welche Konsequenzen? Um welche Art des Leugnens handelt es sich (es gibt nicht nur eine!), und wozu soll es - auch unbewusst - dienen? 

Ich habe da wirklich gesessen und gedacht: "Puuuuh. Das sollten sich einige Strafverteidiger auch mal anhören. Und einige Richter auch." Das einfache Schweigen vor Gericht kann also längst nicht so eindimensional sein, wie es die Juristen gemeinhin annehmen...

Ich bin immer noch dabei, über die Konsequenzen des dort Gehörten zu grübeln. 

Aber wie es so ist - wer angestrengt grübelt, der muss auch irgendwann etwas essen. Wegen des ausgefallenen Mittagessens war das zu diesem Zeitpunkt dann auch ziemlich notwendig. Wir nahmen die U-Bahn in die Innenstadt und landeten im Salon des Café Paris in der Rathausstraße. Wenn ich richtig gezählt habe, dann haben acht (oder neun?) von uns die Galette mit Auberginenpüree, gegrilltem Gemüse und Ziegenkäse genommen. Und das ganz ohne peer pressure... glaube ich. Ach ja, falls Sie sich fragen, was eine Galette ist: 

Ganz einfach: Ein Crêpe. Wieder was gelernt. 

Nicht wirklich hanseatisch, aber... Schwamm drüber. 

Nach einem wegen des unschön starken Regens viel zu kurzen Bummel in der Gegend um den  Jungfernstieg landeten wir dann schließlich wieder im Hotel, wo wir im Café den Abend gemütlich ausklingen lassen konnten. 

(Fortsetzung folgt.) 




Dienstag, 9. Juni 2015

Ui toll - Streik!

Verstehen Sie mich nicht falsch - ich bin sehr dafür, dass Menschen, die die gleiche Arbeit erledigen, auch dasselbe verdienen sollten, jedenfalls dann, wenn sie im selben Konzern arbeiten. Trotzdem macht mir die Post in diesen Tagen das Leben ein bisschen schwerer.

Das böse Wort lautet: FRISTEN! 

Ich habe zum Beispiel gestern eine Akte zur Einsichtnahme vom Gericht bekommen. Frist: 1 Tag. Super. Ich sehe zwar nicht, was genau daran so eilig ist (es ist noch nicht einmal Termin zur Hauptverhandlung anberaumt), aber nun denn. Wenn ich die Akte heute in die Post packe, kommt sie aller Wahrscheinlichkeit eben nicht morgen an. Gut, dass wir hier vom Amtsgericht Halle reden und ich sowieso heute noch einkaufen muss - dann kann ich die Akte nämlich gleich noch auf dem Weg in den Nachtbriefkasten werfen (der ist groß genug dafür). Und wenn ich denn schon mal unterwegs bin, dann kann ich auch gleich noch beim Jobcenter vorbei fahren... da kriegt man abends wenigstens einen Parkplatz.

Umgekehrt ist es ja ähnlich: Wenn mir ein Schreiben mit einer Fristsetzung verspätet zugeht, dann muss im Zweifelsfalle ich die Verspätung beweisen. In der nächsten Zeit werde ich also verstärkt auf Poststempel achten!

Ganz lahmgelegt wird man als Anwalt durch den Streik übrigens nicht. Wir alle arbeiten nämlich noch mit einer Technik, die zwar beinahme altertümlich anmutet, aber immerhin poststreiksicher ist: Mit dem guten alten Fax.... 

Mittwoch, 3. Juni 2015

Soooo viele Farben...

Nein, ich habe nichts geraucht. 

Ich habe mir nur vorgenommen, jetzt im Juni mein Büro neu zu streichen (oder besser gesagt: Mir beim Streichen helfen zu lassen). Wenn es jetzt angeblich Sommer wird, was ich nicht glaube, bevor ich es nicht selbst gesehen habe, dann sollte ich es ausnutzen, wenn man tagsüber die Fenster weit aufreißen kann, damit sich der Farbgeruch möglichst schnell verabschiedet.

Obwohl - riecht frische Farbe nicht irgendwie wunderbar nach Neuanfang?

An sich soll es schon bei den weißen Wänden bleiben, denn sonst wird der Raum zu dunkel. Aber eine Wand soll bitte schön farbig werden, wahrscheinlich die, die gegenüber der Tür liegt. Auf meinem Schreibtisch finden sich also im Moment diverse Farbkarten.

So gerne ich auch sämtliche Beerentöne mag - von denen habe ich mich gedanklich schon verabschiedet, und das aus einem ganz einfachen Grund: Ich habe zu viele feuerwehrrote dicke Fachbücher. Das würde sich doch ein wenig beißen...

Im Moment tendiere ich zu dem "shady brown", obwohl es für mich weder "shady" noch "brown" aussieht, sondern eher wie eine Mischung aus Oliv und Schilf.

Ich überlege außerdem, meine Möbel ein klein wenig umzustellen (irgendwie hat man manchmal solche Phasen, oder?), aber das dürfte nicht ganz so einfach werden. Das Tückische an diesem alten Haus ist nämlich, dass man echte Probleme hat, rechte Winkel zu finden... kein Wunder, wenn der Grundriss selbst nicht rechtwinklig ist.

Und wenn man schon mal dabei ist, dann kann man ja auch mal gründlich ausmisten. Ich rede jetzt nicht nur (aber auch) von Papier, sondern auch von allem anderen, was sich seit meinem Umzug aus Werther vor rund fünf Jahren hier angesammelt hat, und das ist einiges... wo kommt das eigentlich alles hier?

Wie auch immer, es kann ja nicht schaden, Platz zu schaffen für Neues.

Alles neu macht der ... Juni.