Dienstag, 22. Dezember 2015

Eine (etwas andere) Weihnachtsgeschichte

Vor ein paar Jahren, als ich noch mein Büro in Werther hatte, saßen wir am Nachmittag des 24. Dezember gerade bei meinen Schwiegereltern beim Essen, als das Telefon klingelte. Es war noch nicht sonderlich spät, vielleicht so gegen drei Uhr, aber wenn man seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hat, weil man ja eine ungefähre Ahnung hat, wieviele Kalorien einen an diesem Tag noch erwarten, dann kann man sich vorstellen, dass wir alle ziemlich hungrig um einen großen Vogel herum saßen. Und um die selbstgemachten Klöße. Und die Speckböhnchen...

Wie gesagt: Plötzlich klingelte das Telefon.Mitten beim Essen. Meine Schwiegermutter war schon etwas irritiert ("Wer ruft denn um diese Zeit an, es sind doch alle hier...?"), was sich noch steigerte, als sie hörte, wer am Telefon war und sie dann plötzlich mir das Telefon hinhielt: "Für Dich."

Es war ein Mandant von mir. Einer, der im südlichen Niedersachsen wohnte und in einer neuen Sache gerade ganz böse Post in einem gelben Umschlag bekommen hatte, mit einer Frist von zwei Wochen. Auch am Heiligabend kann man durchaus auch schon mal unschöne Schreiben vom Gericht bekommen. Das wirklich blöde war jedoch, dass der Postbote auf dem Umschlag eindeutig den "14.12." als Zustelldatum vermerkt hatte, und direkt nach Weihnachten war zu allem Überfluss auch noch Wochenende. Man kann sich also ungefähr vorstellen, dass mein Mandant im Panikmodus war. Und zwar so richtig.

Ich habe mir den Umschlag später zeigen lassen. Es stand wirklich eine 14 drauf.

Man kann sich denken, dass ich mein Büro eigentlich schon über Weihnachten geschlossen hatte. Ich hatte auch keine Nachricht auf dem Anrufbantworter hinterlassen: "Falls Sie einen dringenden Notfall haben, dann erreichen Sie mich bei meinen Schwiegereltern!" Nein, nichts dergleichen. Wie hatte mich mein Mandant also gefunden?

Ganz einfach eigentlich: Er hatte angefangen, alle Schwentkers durchzutelefonieren. Er hatte einfach gehofft, dabei jemanden an die Strippe zu bekommen, der mit mir verwandt war und wusste, wo ich vielleicht zu finden sein würde. Und dabei war er nach einigen Fehlversuchen auf meine Eltern gestoßen. Er hatte sich so derart verzweifelt angehört, dass meine Mutter ihm die Nummer von meinen Schwiegereltern gegeben hatte.

Ich stand also bei meinen Schwiegereltern im Flur und hörte mir sein Problem an. In der Küche war es zu laut, und ins Wohnzimmer durfte man ja noch nicht, um den Weihnachtsmann nicht bei seiner Arbeit zu stören. Also der Flur.

Im Kopf war ich schon fast dabei, die Frist auszurechnen, die tatsächlich blieb, und mir zu überlegen, wie ich den Mandanten denn vor dem 28. noch in meinen Terminplan quetschen konnte... bis ich ihn fragte, welches Datum denn auf dem Schreiben vom Gericht steht.

Pause.

Und dann eine Lachsalve. Vor Erleichterung!

Das Schreiben vom Gericht datierte vom 22. Dezember. Das Schreiben konnte ihm also gar nicht am 14. zugestellt worden sein. Selbst wenn der Postbote auf der Zustellungsurkunde denselben Fehler gemacht hätte wie auf dem Brief selbst.

In seiner hellen Aufregung hatte mein Mandant überhaupt nicht auf dieses Datum geachtet. Ich konnte es ihm auch nicht verübeln. Auf das Datum achten die wenigsten. Es spielt ja auch meist keine große Rolle...

Wir haben uns dann für den nächsten Montag verabredet. Die Verteidigungsanzeige gegen die Klage ging dann noch am selben Tag per Fax ans Gericht, und alles wurde gut.

Drücken Sie mir mal die Daumen, dass die Postboten dieses Jahr nicht wieder aus einer 2 eine 1 machen. Denn wieder gibt es Pute, selbstgemachte Klöße und Speckböhnchen...

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