Mittwoch, 16. November 2016

Was will ein Familienrichter bei einer Scheidung eigentlich von einem wissen?

Erinnern Sie sich noch an "Ehen vor Gericht", diese Fernsehsendung, die es in den 70ern und 80ern im ZDF gab? Sie wurde später nochmal aufgewärmt, war aber im Grunde die Mutter der vielen Scripted-Reality-Serien, mit denen die TV-Sender ihr Tagesprogramm überbrücken. Auch damals wurde halt schon schmutzige Wäsche im Fernsehen gewaschen.

Letztlich bekommen viele durch diese ganzen Sendungen aber auch ein falsches Bild von dem, was bei einer Scheidung im Gerichtssaal eigentlich abläuft. Tatsächliche Geschehnisse werden eigentlich nur dann lang und breit im Gericht erörtert, wenn es um eine Härtefallscheidung oder - ganz wichtig - das Kindeswohl geht (wenn also Umgangs- oder Sorgerecht streitig sind oder eine Kindeswohlgefährdung befürchtet werden muss). Bei einer "normalen" Scheidung ist es den Juristen schlichtweg egal, wer von beiden eine Affäre hatte, wer ausgerastet ist, weil der andere nie den Müll rausgebracht oder die Zahnpastatube zugeschraubt hat, oder wer sich einfach nur "auseinandergelebt" hat. Wenn man diese Einzelheiten vor Gericht erläutern wollte, dann würde es wahrscheinlich nochmal ein halbes Jahr länger dauern, bis man überhaupt einen Termin bekommt.

Wenn es also nicht gerade um strittige Kindschaftssachen als mitverhandelte Verbundsachen geht, dann wird man vom Familienrichter nur nach dem Trennungszeitpunkt gefragt. Diese Frage dient nur dazu, um feststellen zu können, ob das Trennungsjahr abgelaufen ist. Warum jemand aus der Ehewohnung ausgezogen ist, interessiert die Robenträger dabei also nicht wirklich. Danach wird man noch gefragt, ob man geschieden werden möchte und ob man sich vorstellen kann, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herzustellen, und das sind beides Fragen, die man mit nur einem Wort beantworten kann.

Danach geht es noch um den Versorgungsausgleich und kurz um das Nettoeinkommen (um den Verfahrenswert festsetzen zu können, nach dem sich die Kosten des Verfahrens richten). Dann erfolgt die Verkündung des Scheidungsbeschlusses, und der Termin ist als solcher vorbei.

Daran erkennt man schon, wie weit die Realitäten teilweise auseinander liegen: Was für die Beteiligten mitunter ein langer und schmerzhafter Trennungsprozess gewesen ist, wird im Scheidungstermin meist noch nicht einmal erwähnt. 


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