Samstag, 4. Juli 2015

Mit dem AK Rückenwind in Hamburg - Teil 2

Tag 2, Dienstag. 


Morgens los mit dem Bus, wieder in Richtung Altona - langsam kennen wir den Weg. Dieses Mal geht es zur Beratungsstelle Zündfunke e.V., die sich - nicht nur, aber auch - mit dem Thema "sexuelle Gewalt bei Migrationshintergrund" befasst. 

Auch hier gab es für mich wieder einige interessante Denkansätze, und die können mir wirklich nicht schaden. Mein eigener Migrationshintergrund beschränkt sich schließlich darauf, dass es einen meiner Urgroßväter im Ersten Weltkrieg aus Burg bei Magdeburg nach Halle (Westf.) verschlagen hat, weil er- auf welch verschlungenen Pfaden auch immer - meine zukünftige Uroma kennengelernt und sich in sie verliebt hatte. 

Großartige Stigmatisierungen musste Uropa Willy damals wohl nicht befürchten, jedenfalls auch nicht mehr als jemand, der von Bayern nach Ostwestfalen zieht. Was aber, wenn jemand schon allein durch sein Äußeres als "nicht von hier" auffällt und sich hauptsächlich in seiner "community" bewegt? Da können die Hemmungen, sich Hilfe von außen zu suchen, schon anders, vielleicht auch um einiges größer sein. Wenn dann noch andere "Baustellen" dazu kommen, zum Beispiel die Angst vor Abschiebung oder Ausweisung, dann kann es sein, dass ein Missbrauch im Verhältnis dazu einen ganz anderen - niedrigeren - Stellenwert bekommt. Aber auch hier muss man festhalten: Man kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren. 

Unsere Mittagspause verbrachten wir im "Sein" direkt gegenüber. Wir hatten Glück, sie hatten gerade neu eröffnet - es war der erste Tag des regulären Betriebes. Die Süßkartoffelsuppe kann ich uneingeschränkt empfehlen, auch wenn ich kein Foto davon gemacht habe. 

Über ebenjener Süßkartoffelsuppe entwickelte sich ein interessantes Gespräch über unser allseits beliebtes "Schubladendenken". Man merkte, dass das eben Gehörte in unseren Köpfen arbeitete. Ich für meinen Teil bin zu dem Schluss gekommen, dass man sich manchmal überhaupt nicht gegen das Schubladendenken wehren kann, auch wenn man es eigentlich will. Wir werden jeden Tag von derartig vielen Informationen zugeschüttet, dass man einen Weg finden muss, diese ganzen Informationen zu katalogisieren. Man sollte aber gefälligst dafür sorgen, dass man diese Schubladen im Kopf auch regelmäßig ausmistet. 

Wie man auf dem Foto vielleicht schon sehen kann: Das Wetter war schon mal wesentlich besser als am Tag davor, nämlich fast warm und bewölkt statt kalt und regnerisch. Das kann einen wesentlichen Unterschied machen! 

Und weil ich noch viel zu wenig von Hamburg kenne (außer der Reeperbahn hatte ich vor diesem Trip noch nicht allzu viel von dieser wirklich schönen Stadt gesehen, Schande auf mein Haupt), entschied ich mich, den Rest des Tages nicht mit Shoppen zu verbringen - das kann ich auch woanders -, sondern vom Jungfernstieg aus mit mit einer Dampferfahrt auf der Alster

 Ist schon erstaunlich, was auf dem Wasser so alles los ist...

Der gute Vorsatz jedenfalls steht: Eines schönen Tages werde ich wieder nach Hamburg kommen. Und dann werde ich mich auch in einen dieser Touristenbusse setzen, eine schöne lange Stadtrundfahrt machen und mir von hoffentlich kompetenten Leuten etwas über die Stadt erzählen lassen, vor allem, was ihre Geschichte angeht. Ich bin schon vor jedem blauen Schild, das ich gesehen habe, stehen geblieben und habe geguckt, was an genau dieser Stelle irgendwann mal passiert ist. Was soll ich sagen? Ich liebe gute Geschichten, und ich glaube, Hamburg hat eine Menge davon auf Lager. 

Tag 3, Mittwoch. 


Nein, heute ging es mal nicht nach Altona. Heute ging es direkt in die Innenstadt in die Nähe des Hauptbahnhofes, nämlich zu Basis Praevent am Steindamm. Das Thema: Jungen als Betroffene sexualisierter Gewalt. 

An dieser Stelle mal ein dickes Danke Schön an unseren Dozenten: Der Mann hatte sich eine dicke Erkältung eingefangen und gehörte eigentlich mit einem guten Buch ins Bett. Stattdessen hat er unsere Fortbildung durchgezogen, weil er wusste, dass unser Anreiseweg doch ziemlich lang war.  

Das Thema als solches ist natürlich nicht gerade eins, das man so leicht verdaut. Wie sehen die typischen Täterstragien aus, und welche geschlechtsspezifischen Auswirkungen hat sexualisierte Gewalt auf Jungen in der Pubertät? Gerade bei mir rief es auch Erinnerungen an einen bestimmten Fall wach, den ich während meiner Wahlstation im Referendariat, die ich damals ja in der Jugend- und Jugendschutzkammer des Landgerichts Bielefeld verbracht habe, hautnah miterlebt habe und der mir damals schon die Nackenhaare gesträubt hat. Das ist jetzt gute 13 Jahre her, aber trotzdem kann ich mich noch gut erinnern. Der Fall hätte hier als Schulbeispiel dienen können. Leider. Nur kann ich ihn heute in seiner Gesamtheit besser verstehen als damals. 

Nach einem verspäteten, aber gemütlichen und teils vegetarischem Mittagessen im Schanzenviertel mussten wir noch gerade unser im Hotel gebunkertes Gepäck abholen, und dann ging es vom Dammtor aus auch schon wieder mit der Bahn über Hannover nach Hause. Die Voraussage, dass wir uns wegen eines Defekts des Triebwagens wohl ein paar Minuten Verspätung einfangen würden, hat sich nicht bestätigt - schön, wenn die Bahn einen auch mal positiv überraschen kann. 

Kleines Fazit: 


Hamburg - gerne wieder! Aber dann zum Vergnügen als Städtetrip, um ein richtiges Gefühl für die Stadt zu bekommen. Ich habe es zum Beispiel immer noch nicht in die Speicherstadt geschafft, und die möchte ich wirklich gerne mal sehen. 

Die Fortbildung selbst - hat sich gelohnt, definitiv. Nicht nur die Veranstaltungen als solche, sondern auch die Tatsache, dass wir ja interdisziplinär unterwegs waren. Falls mich mal jemand fragen sollte: Ich kann jedem Juristen nur raten, auch mal über den eigenen Tellerrand hinaus zu gucken, was das Fachgebiet denn aus anderer Perspektive noch so mit sich bringt! 





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